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THEMA: Antirassismus-
und Klima-Camp 2008
ORT: Hamburg
ZEIT: 22. August 2008
BILDMAPPE: Ablage im Bildarchiv/ 3423 \

Fluten 3.0

Protestzone gegen Abschiebungen im Terminal 1 - Ein Warnstreik am Hamburger Flughafen gegen die Charter der Schande

Noch bevor sich über 1000 Leute an der S-Bahnstation Ohlsdorf zur Kundgebung und anschließenden Demonstration in Richtung Hamburger Flughafen versammelten, begannen in den Terminals bereits die ersten Aktivitäten. Verteilung von „global passports“, eine Massenhochzeit, Transparentaktionen und Pauschaltouristen gegen Abschiebungen ... - eine ganze Reihe von Gruppen hatten sich vorbereitet und waren – nicht selten als perfekte Rollkoffertouristen verkleidet – auch problemlos ins Flughafeninnere gelangt. Über mehrere Stunden bis zum späten Nachmittag, als nochmals zweihundert DemonstrantInnen in Form einer Polonaise lautstark durch das Gebäude fluteten, wurde das Terminal 1 in eine öffentlichkeitswirksame Protestzone gegen Abschiebungen verwandelt. Bildgalerie

Der Hamburger Flughafen ist ein Tatort permanenter Menschenrechtsverletzungen. Er fungiert als europaweiter Startpunkt für die „Charter der Schande“, für die brutalen Sammelabschiebungen von Flüchtlingen und MigrantInnen in eigens dafür angemieteten Flugzeugen. Diese Flüge gehen bei Nacht und Nebel, unter Ausschluss jeder Öffentlichkeit. Die "Schüblinge" werden von Bundespolizisten in die Flugzeuge gezwungen, notfalls gefesselt und geknebelt oder von angeheuerten Abschiebeärzten ruhiggestellt. Und es sind insbesondere Hamburg International und einige andere Airlines, die ihre Maschinen bereitstellen und vom schmutzigen Geschäft mit den Abschiebungen profitieren. Mindestens acht europäische Abschiebecharter sind seit Mai 2004 von Hamburg gestartet, alle in afrikanische Staaten. Kosten scheinen keine Rolle zu spielen. Die EU fördert diese Flüge finanziell und will sie bald von FRONTEX koordinieren lassen. FRONTEX will sogar ein eigenes Flugzeug anschaffen, insbesondere für jene, die sich bereits zuvor erfolgreich gegen ihre Abschiebung gewehrt haben.

Gegen 13 Uhr war, ebenfalls parallel zur Demo, eine der zentralen Zufahrtstraßen zum Airport (Sengelmannstr.) durch eine „Reclaim the Street“-Parade von etwa 150 Personen verstellt worden. Transparente und Sprechblasen für globale Bewegungsfreiheit wurden mitgeführt wie auch ein Verkehrsschild gegen Abschiebungen oder Schlauchboote als Symbol für die Solidarität mit den Boatpeople. Die Straße war für eine gute Stunde gestaut, allerdings wurden hier später auch über 50 Beteiligte in Gewahrsam genommen.
Um die gleiche Zeit kam es zu Verkehrsstaus durch Transparentaktionen und Materialblockaden mittels Papiercontainern und Baumstämmen auf einer weiteren Zufahrtsstraße (Alsterkrugchaussee), und im nördlichen Anfahrtsbereich des Flughafens zwangen Fahrradcorsos den Autoverkehr zur Verlangsamung.
„Informative Behinderungen“ waren im Vorfeld des Aktionstages u.a. den Reisebüros und Fluggesellschaften angekündigt worden, und der Polizeiaufmarsch sowie deren Straßen- und Eingangskontrollen taten ein Übriges, dass sich der Verkehr rund um den Flughafen immer wieder staute. Dort wie auch vor und in den Terminals haben jedenfalls alle Fluggästen, BesucherInnen und Beschäftigten mitbekommen, um was es mit diesem Protesttag ging: Um das Unrecht der Abschiebungen und für die Forderung nach globaler Bewegungsfreiheit.
Verschiedene Aktionsformen haben am 22.8. bestens zusammengewirkt, die Polizei war bisweilen völlig überfordert, und die dann vorzeitige und völlig widerrechtliche Auflösung der angemeldeten Abschlusskundgebung erscheint als entsprechende Verzweifelungsreaktion auf einen insgesamt ziemlich gelungenen „Warnstreik von außen“.
Doch bei aller Zufriedenheit über den Ablauf sollte nicht unterschlagen werden, dass letztlich kaum mehr als 1500 Menschen am 22.8. bei den verschiedenen Aktionen dieser zentralen Mobilisierung des AntiRa-Camps mitgemacht haben. In den Wochen zuvor und erst recht nach der Auftaktdemo des Doppelcamps am 16.8 mit schon bis zu 1200 Leuten war eine deutlich höhere Beteiligung erhofft worden. Und mit zwei oder gar dreitausend Menschen wäre der Flughafen an diesem Tag nochmal ganz anders „gerockt“ worden. Dass diese größere Mobilisierung nicht gelungen ist, bleibt jedenfalls die zentrale kritische Frage in der Bilanz einer Campwoche, die sich ansonsten durchaus sehen lassen kann. - ein Aktivist von "Kein Mensch ist illegal" - zur Bildgalerie

Weitere Informationen zu den Abschiebeflügen aus Hamburg:
http://www.fluechtlingsrat-hamburg.de/
Und im Zeit-Magazin vom 10.01.08 findet sich eine eindrucksvolle Beschreibung der strukturellen Gewalt von Charterabschiebungen: eine fakten- und bilderreiche Reportage über den ersten deutschen Flug, der mit EU-Mitteln finanziert wurde, und am 18.9.06 von Hamburg nach Guinea, Togo und Benin ging. An Bord war nicht zufällig auch ein Frontex-Vertreter.

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Fotos: Marily Stroux/heba/Umbruch Bildarchiv
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