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Aktionstour gegen Flüchtlingslager

ORT: Mecklenburg-Vorpommern
ZEIT: 24./25. September 2005
BILDMAPPE: Ablage im Bildarchiv 3423
 

Aktionstour gegen Flüchtlingslager

Am Sonntag, den 25. September beteiligten sich in Mecklenburg-Vorpommern rund 300 Menschen an Kundgebungen vor den Flüchtlingslagern Horst bei Boizenburg und Schwerin-Görries sowie an der Abschlussdemonstration in Schwerin. Zu der zweitägigen "Aktionstour gegen das europäische Lagersystem", die am Samstag am Abschiebelager Bramsche bei Osnabrück begann, hatte das No-Lager-Netzwerk, das Komitee für Grundrechte und Demokratie und diverse Flüchtlings- und Menschenrechtstorganisationen aufgerufen. Fortsetzung des Berichts: siehe unten


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Fotos: Heiko Thiele/heba/Umbruch Bildarchiv
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Auftaktdemo zum Abschiebelager Bramsche (Foto: Heiko Thiele #1224a) (Foto: Heiko Thiele #1224b) (Foto: Heiko Thiele #1224c) vorm Abschiebelager in Bramsche (Foto: Heiko Thiele #1224d) (Foto: Heiko Thiele #1224e) (Foto: Heiko Thiele #1224f) (Foto: Heiko Thiele #1224g) "nicht hier und auch nicht anderswo..." (Foto: Heiko Thiele #1224i) (Foto: Heiko Thiele #1224j (Foto: Heiko Thiele #1224k) Flüchtlingslager Horst (Foto: Umbruch Bildarchiv #1218h) (Foto: Umbruch Bildarchiv #1218i) (Foto: Umbruch Bildarchiv #1216r) (Foto: Umbruch Bildarchiv #1216s) Das Eingangstor gerät massiv ins Schwanken. Die Polizei setzt Tonfas ein, schlägt jedoch nicht auf die Hände.  (Foto: Umbruch Bildarchiv #1216t) (Foto: Umbruch Bildarchiv #1216u) (Foto: Umbruch Bildarchiv #1217w) Foto: Umbruch Bildarchiv #1217x) (Foto: Umbruch Bildarchiv #1217l) Foto: Umbruch Bildarchiv #1217y) (Foto: Umbruch Bildarchiv #1216w) Foto: Umbruch Bildarchiv #1216x) Foto: Umbruch Bildarchiv #1216y) (Foto: Umbruch Bildarchiv #1216z) (Foto: Umbruch Bildarchiv #1217a) (Foto: Umbruch Bildarchiv #1217b) (Foto: Umbruch Bildarchiv #1217c) (Foto: Umbruch Bildarchiv #1217d) (Foto: Umbruch Bildarchiv #1217e) Eine Pressefotografin wird unsanft von ihrer Arbeit abgehalten trotz ihres vorgezeigten Presseausweises, den sie in der Hand hält.  (Foto: Umbruch Bildarchiv #1217f) Ein Tonmensch, der diese Scene aufnahm, wurde als nächstes weggedrängt.  (Foto: Umbruch Bildarchiv #1217g) (Foto: Umbruch Bildarchiv #1217h) (Foto: Umbruch Bildarchiv #1217j (Foto: Umbruch Bildarchiv #1217k) (Foto: Umbruch Bildarchiv #1216v) Flüchtlinge in Schwerin-Görries. Sie sind die ersten, die rauskommen zur Kundgebung (Foto: Umbruch Bildarchiv #1217m) (Foto: Umbruch Bildarchiv #1217n) (Foto: Umbruch Bildarchiv #1217o) (Foto: Umbruch Bildarchiv #1218a) (Foto: Umbruch Bildarchiv #1217p) (Foto: Umbruch Bildarchiv #1217q) (Foto: Umbruch Bildarchiv #1217r) (Foto: Umbruch Bildarchiv #1217s) (Foto: Umbruch Bildarchiv #1217t) (Foto: Umbruch Bildarchiv #1217u) (Foto: Umbruch Bildarchiv #1217v) (Foto: Umbruch Bildarchiv #1218c) (Foto: Umbruch Bildarchiv #1218d) (Foto: Umbruch Bildarchiv #1218e) (Foto: Umbruch Bildarchiv #1218f) (Foto: Umbruch Bildarchiv #1218g)

Bereits im Vorfeld und auch am Sonntag wurden Flüchtlinge in beiden Lagern von den Behörden massiv eingeschüchtert und mit Repressionen bedroht. Informationsblätter wurden eingesammelt, vor dem Kontakt mit BesucherInnen aus dem No-Lager-Netzwerk gewarnt und Strafen angekündigt, falls Flüchtlinge an den Aktionen teilnehmen würden. Bei beiden Flüchtlingslagern wurden für den gesamten Tag Besuchsverbote verhängt. In Horst kam es kurzzeitig zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und KundgebungsteilnehmerInnen, nachdem ein Polizist penetrant in die Kundgebung schritt, um Nahaufnahmen von TeilnahmerInnen zu machen. (siehe Bilderstrecke). Dabei gab es drei Festnahmen.
Trotzdem kamen aus dem Lager Horst viele Flüchtlinge vor das verschlossene Tor, und ca. 15 von ihnen fuhren in Bussen mit nach Schwerin. Sie berichteten von den Bedingungen im bisher als Erstaufnahmeeinrichtung dienenden, jetzt aber in eine Art Abschiebzentrum umgewandelten Lager Horst, in das 2006 auch alle Flüchtlinge, für die Hamburg zuständig ist, verlegt werden sollen. RednerInnen stellten einen Zusammenhang her zwischen dieser Aus-Lagerung von Flüchtlingen aus den europäischen Metropolen in die Wälder und der geplanten und z.T. bereits praktizierten Internierung von Flüchtlingen und MigrantInnen in nordafrikanischen Wüstencamps. Abschreckung, Hinderung an der Einreise und Erleichterung der Abschiebung sind die Ziele derjenigen, die diese Lager planen und betreiben. Während der Redebeiträge kam es durch aggressives Filmen der Polizei zu einer angespannten Stimmung, und statt zu deeskalieren, reagierte die Polizei mit drei Festnahmen. Weitere Verhaftungen wurden angedroht, und um eine Eskalation zu verhindern, brachen die VeranstalterInnen die Kundgebung früher als geplant ab. Vier Busse und mehrere PKWs setzte sich in Bewegung, um nach Schwerin weiter zu fahren.
Auch die Flüchtlinge, die in Schwerin-Görries in einem Containerlager leben müssen, wurden zunächst von einem Polizeiaufgebot mit kläffenden Hunden am Verlassen des Lagers gehindert und erneut drohten Festnahmen. Erst nach Protesten der DemonstrantInnen und Verhandlungen mit der Polizei durften Flüchtlinge an der Kundgebung und einem Picknick teilnehmen.
Mit Verspätung fuhr der Konvoi in die Schweriner Innenstadt, wo dann lautstark und bunt die Abschlussdemonstration stattfand. Erst nach Ende der Veranstaltung wurden die beiden vor dem Lager Horst in Gewahrsam genommenen Demonstrationsteilnehmer wieder freigelassen.
Das No-Lager-Netzwerk wird, zusammen mit einem breiter werdenden Spektrum an Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen, weiter Lager als Nicht-Orte, die der Menschenwürde widersprechen, kritisieren und aufsuchen. Damit wollen wir versuchen, die Isolation der in den Lagern internierten Menschen zu durchbrechen und gemeinsam mit ihnen für Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit, gegen Abschiebungen, für ein Bleiberecht und menschenwürdiges Wohnen für alle kämpfen.
Weitere Informationen sowohl zu den Aktionen und Aufrufen(den) als auch zu den besuchten Lagern auf: www.nolager.de und www.fluechtlingsrat-hamburg.de
(Pressemitteilung des No-Lager-Netzwerks vom 25.9.05)


Weiterer Bericht und Einschätzung des Aktionswochenendes

Bereits zum dritten Mal in diesem Jahr ist das bundesweite NoLager-Netzwerk auf Achse gewesen. Am Samstag (24.9.) fand eine gemeinsam mit dem Komitee für Grundrechte und Demokratie organisierte Demonstration mit etwa 500 Leuten zum Abschiebelager Bramsche/Osnabrück statt. An der Demo beteiligten sich auch 50 Leute aus dem Lager, darunter zahlreiche, ungewöhnlich widerstandslustige Kinder. Im Anschluss machte sich dann ein Bus- und Autokonvoi Richtung Osten auf den Weg. Übernachtet wurde in einem staats-
und kirchenfeindlichen Benedektiner-Kloster bei Salzwedel. Am Sonntag (25.9.) ging es zunächst beim Ein- und Ausreiselager Horst/Mecklenburg-Vorpommern handfest zur Sache: Nachdem das eiserne Schiebetor am Eingang mehrere Minuten lang kräftig ins Wanken gebracht worden war, drehte die Polizei auf: es kam zu Rangeleien und 3 Festnahmen. Im Anschluss fuhr der Konvoi mit etwa 200 Leuten weiter zum Container-Lager Görries am Stadtrand von Schwerin - und wurde dort von völlig durchgeknallten Polizeihunden (inklusive nicht minder merkwürdiger Herrchen) in Empfang genommen. Am Ende des Tages wurde schließlich noch im Galopp durch die Schweriner Innenstadt demonstriert.

Die Demo in Bramsche (wozu ihr hier keine Bilder findet) war wie bereits im letzten Jahr während der Anti-Lager-Action-Tour ziemlich groß. Allerdings hatte die Polizei besser vorgesorgt: In etwa 30 Metern Entfernung vom Zaun hatte sie Absperrgitter aufgestellt. Diese konnten zwar auseinandergerissen werden, bis zum Zaun hat es dieses Mal allerdings nicht gereicht. Um so erfreulicher war es, dass mehr Leute aus dem Lager an der Demo teilgenommen haben als letztes Jahr, auch wenn sich Polizei und Lagerleitung einmal mehr nicht an die Absprachen gehalten haben: Als die Demo das Lager erreicht hatte, konnten die Leute, die noch im Lager waren, nicht einfach rauskommen (wie verabredet), sie wurden vielmehr einzeln durchs Seitentor geschleust und dabei natürlich registriert. In Horst wurden wir zwar von einem großen Polizeiaufgebot erwartet, das Tor jedoch war ungesichert. Diese Chance ließen wir uns nicht entgehen: Angefeuert durch Trommeln und den Slogan "Das Lager muss weg" wurde minutenlang heftig am Tor gerüttelt, letztlich dürfte es einzig deutscher Wertarbeit geschuldet gewesen sein, dass das Tor nicht ,kollabiert' ist. Das wiederum hat die Polizei als willkommenen Anlass genutzt, so richtig aufzudrehen. Die Videoabteilung der Polizei hatte Bilder verschiedener Personen aufgenommen und fing nun an, diese zu suchen. Dafür schritt ein Polizist demonstrativ in die Kundgebung und filmte. Das Ganze endete in einer etwa 20 minütigen
Schubserei bzw. Rangelei, in deren Verlauf die Mecklenburg-Vorpommersche Polizei (samt Einsatzleitung) einmal mehr zu erkennen gab, dass Augenmaß, Flexibilität und Deeskalation nicht gerade zu ihren hervorstechensten Eigenschaften gehören, was in unserem Fall auch damit zu tun haben dürfte, dass eine streßfreie Kontaktaufnahme mit Flüchtlingen in den Lagern (Stichwort: "Isolation unterwandern') politisch unerwünscht ist.
Wir brachen die Kundgebung sodann ab und machten uns auf den Weg zum Container-Lager Görries-Schwerin (wofür in der Nähe des Lagers eigens 2 Spuren einer 4-spurigen Bundesstraße komplett abgesperrt wurden!). Vor Ort wurde uns zunächst seitens der Polizei mitgeteilt, dass noch zwei per Bild gesuchte Personen festgenommen werden sollten. Atmosphärisch unterstrichen wurde dies durch die bereits erwähnten Hunde. Wir hingegen ließen es von unserer Seite verabredungsgemäß etwas ruhiger angehen, worauf sich auch die Polizei einließ, zumindest andeutungsweise. Es wurden mehrere Reden gehalten, außerdem nahmen auch in Görries zahlreiche Flüchtlinge aus dem Lager an der Kundgebung teil. Einige kamen anschließend auch mit, so wie schon in Horst.
In Schwerin hatten wir leider nur noch wenig Zeit. Dafür war die Schweriner Innenstadt voll mit Menschen, insofern dürften wir auch dort unser zentrales Ziel erreicht haben (,Öffentlichkeit herstellen'). Die in Horst Festgenommenen wurde erst nach Demo-Ende wieder freigelassen, die zur Festnahme ausgeschriebenen AktivistInnen konnten zum Glück nicht festgenommen werden, was wohl auch der Entschlossenheit der Demo zu verdanken war, dies nicht einfach zuzulassen.
Festzuhalten bleibt zweierlei: 1. Insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern wurden die Flüchtlinge der von uns besuchten Lager (und weiterer Lager) massiv durch die Behörden und Lagerleitungen eingeschüchtert. Allenthalben wurde ihnen erzählt, sie würden in noch schlechtere Lager verlegt werden bzw. ihre Asylverfahren würde negativ beschieden werden, sollten sie an den Aktionen teilnehmen. Das hat die Planungen im Vorfeld erheblich erschwert, unter anderem sind die BewohnerInnen eines gesamten Heimes (was wir sodann nicht besucht haben) fast geschlossen aus der Vorbereitung ausgestiegen. 2. Wir haben in den Wochen vor der Aktionstour unglaublich intensiv geworben -
und hierauf vergleichsweise viel positives Feedback und Vorabberichterstattungen erhalten (erwähnt sei in diesem Zusammenhang auch die 4-seitige NoLager-Zeitung, die am 9. September der bundesweiten taz beigelegt worden war). Dennoch haben an den Aktionen selbst fast nur die üblichen Verdächtigen teilgenommen. Daran hat auch der Umstand nichts geändert, dass wir die Aktionen in Bramsche zusammen mit dem Komitee für Grundrechte und Demokratie vorbereitet hatten.
Insgesamt scheint das wieder mal zu zeigen, dass Bewegungspolitik bzw. street-activism derzeit einfach nicht besonders angesagt ist - und zwar innerhalb der radikalen Linken genauso wenig wie in links-bürgerlichen Kreisen.
Paul (aus dem Vorbereitungskreis)
Nähere Infos zum Aktionstag, zu früheren Aktionen und zum deutschen, europäischen und globalen Lagersystem findet ihr unter www.nolager.de



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