Stuttgart: Proteste
gegen Einheitsbrei
Am Tag der deutschen
Einheit fanden neben der zentralen Einheitsfeier auch verschiedene
Proteste statt: Das Bündnis Kein Grund zum Feiern organisierte
anlässlich der zentralen Feierlichkeiten zum Tag der deutschen Einheit
in Stuttgart eine antinationale Demonstration, an der sich 300 Menschen
beteiligten. Bereits ab 10 Uhr gab es an der Universität in Stuttgart
einen Infopoint mit zahlreichem Material zum Thema.
Die Demonstration begann um 15 Uhr mit zwei Redebeiträgen und führte
mit lautstarken Parolen am Bahnhof vorbei. Gegenüber vom Landtag
fand die erste Zwischenkundgebung statt. Danach ging es über die
Olgastraße zum Wilhelmsplatz, auf dem die Demo mit der Endkundgebung
endete. Die Polizei war, wie erwartet, mit großem Aufgebot vor Ort
und lief zeitweise Spalier, lockerte dies aber nach Aufforderung der Demo
auf. Auch Pferde vor der Demo hielten nach Aufforderung mehr Abstand.
Die Antikapitalistische Demo gegen die "Deutschlandfeier" unter
dem Motto "Ihre Einheit heißt Krise, Krieg und Armut!"
wurde von mehr als 500 Teilnehmern erfolgreich und kämpferisch mit
mehreren, auch spontanen Zwischenkundgebungen bis zum Abschluss um 17
Uhr durchgeführt. Dabei musste sich die Demo gegen teils massive
Polizeirepression durchsetzen, mit der die Demonstration offenbar gestoppt
werden sollte (siehe Foto). Der Entschlossenheit und Durchsetzungskraft
der DemonstrantInnen ist es zu verdanken, dass die Polizei dabei nicht
erfolgreich war.
Bereits am frühen Donnerstagmorgen fand in Stuttgart eine Hausdurchsuchung
statt; später ging sie mit Personenfeststellungen beim Linken Zentrum
Lilo Herrmann gegen Leute vor von denen vermutet wurde, dass sie am Nachmittag
gegen die offiziellen Feierlichkeiten demonstrieren wollten. Offenbar
wurde ihnen die Festnahme angekündigt, falls es sich bei Ihnen um
"linke Straftäter" handele. Jeder müsse beim Verlassen
des umstellten Hauses nun seine Personalien vorzeigen. Sei man nach Überprüfung
kein "linker Straftäter", komme man mit einer "Gefährderansprache"
davon. Eine ver.di Sekretärin wurde den ganzen Tag in Unterbindungsgewahrsam
genommen, weil laut Polizei angeblich davon auszugehen sei, dass
siestörende Handlungen plant.
Die erst nach monatelangem Hin und Her weitab vom Feiergeschehen verordnete
Demoroute führte letztlich dazu, dass die Masse der über 400.000
BesucherInnen der Einheitsfeierlichkeiten kaum etwas von dem Anliegen
der DemonstrantInnen mitbekamen. Während des ganzen Verlaufs war
die antikapitalistische Demonstration umringt von Polizeikräften,
die es Passanten fast unmöglich machte, mitgeführte Transparente
zu erkennen und ihnen ein Bild von der Gefährlichkeit der Demonstration
vermittelte.
Die Polizeiaktionen gegen die antikapitalistische Demonstration sind ein
Angriff auf die Versammlungsfreiheit. Ganz offensichtlich sollten unliebsame
Proteste behindert und außer Sichtweite verbannt werden. Einmal
mehr zeigt sich, wie weit es mit dem durch die grün-rote Landesregierung
in Aussicht gestellten bürgerfreundlichen Versammlungsgesetz
her ist.
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