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THEMA: Abschiebeknäste
ORT: Grünau Berlin Köpenick
ZEIT: 13. Februar 2003
BILDMAPPE: Ablage im Bildarchiv / 342 \
 

Hungerstreik im Abschiebeknast

Am 13. Februar versammelten sich etwa 100 Menschen zu einer Solidaritäts-Kundgebung vor dem Abschiebeknast in Berlin-Köpenick. Bis zu 60 Gefangene treten dort seit dem 20. Januar immer wieder kurzzeitig in den Hungerstreik, um eine kürzere Haftdauer und bessere Haftbedingungen durchzusetzen. Die Gefangenen fordern die sofortige Entlassung von Menschen, die aus juristischen oder tatsächlichen Gründen nicht abgeschoben werden können, aber trotzdem über sechs Monate in Haft sind. Es soll Schluß sein mit der Ungewißheit über ihre Entlassung bzw. Abschiebung. Darüber hinaus fordern die Gefangenen die Beendigung der menschenunwürdigen Behandlung durch Polizeibeamte, Ärzte und Sozialarbeiter sowie die Verbesserung der unzumutbaren hygienischen Zustände. Innensenator Körting (SPD) stellte am 24. Januar den Gefangenen zwar einige Hafterleichterungen in Aussicht, bisher wurden diese jedoch nicht umgesetzt. Lediglich der Hofgang von bislang einer Stunde wurde auf eineinhalb Stunden verlängert, in einem von 20 Trakten für lang einsitzende Gefangene wurden die Innengitter ihrer Zellen entfernt. Für die Gefangenen ist die Situation unerträglich. In der Nacht zum 25.2. versuchte sich ein 26-jähriger Russe selbst zu töten. Es ist der 24. Suizidversuch innerhalb der letzten 8 Wochen.


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Die Antirassistische Initiative Berlin und die Initiative gegen Abschiebehaft dokumentierten seit Beginn des Hungerstreiks 14 Selbstverletzungen und 16 Suizidversuche (darunter Mehrfachverletzungen) innerhalb der letzten Wochen im Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick. Einzig positive Meldung: Ein Teil der Gefangenen wurden nach ihrem Suizidversuch in psychologische Behandlung entlassen.
Untenstehend dokumentieren wir die aktuelle Presseerklärung der ARI und der Initiative gegen Abschiebehaft vom 25. Februar 2003

PRESSEERKLÄRUNG Berlin, 25.02.2003

ABSCHIEBEHAFT IST LEBENSGEFÄHRLICH!

Nach mehr als vier Wochen Hungerstreik und 14 dokumentierten Selbstverletzungen und 16 dokumentierten Suizidversuchen (darunter Mehrfachverletzungen) im Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick auch weiterhin keine Verbesserungen der Situation für die Gefangenen

Seit Beginn des Hungerstreiks am 20. Januar ist das Abschiebegefängnis mit seinen inhumanen Haftbedingungen in den Blick der Öffentlichkeit geraten. Hat sich seitdem etwas für die Gefangenen geändert?

* Auf die Hauptforderung der Hungerstreikenden gegen die unverhältnismäßig lange Haftdauer wurde von den Verantwortlichen nicht eingegangen. Zu einer Entlassung von Langzeithäftlingen ist die Innenverwaltung nicht bereit. Nach wie vor werden Menschen inhaftiert und bleiben in Haft, deren Abschiebung in absehbarer Zeit nicht möglich ist. Nach wie vor wird die Abschiebehaft von der Ausländerbehörde als Zwangsmittel eingesetzt.
* Die Zusagen der Gefangnisleitung und der Vertreter des Senates für Inneres zur Verbesserung der Haftbedingungen wurden nicht umgesetzt. Die Trennscheiben in den Besucherräumen sind weiterhin vorhanden, die hygienischen Zustände für die Häftlinge wurden nicht verbessert.
* Der Protestbrief der inhaftierten Frauen führte zu einer aggressiveren Behandlung durch das von ihnen kritisierte Wachpersonal.

Unter den Gefangenen sind physisch und psychisch Kranke, Suizidgefährdete, Schwangere, Behinderte und Minderjährige. Alle diese Menschen sind haftunfähig! Das Leben in Gefangenschaft mit ungewisser Dauer, mangelnde medizinische und fehlende psychologische Betreuung, die Haftbedingungen an sich und die drohende Abschiebung destabilisieren und bringen die Menschen in psychische Krisensituationen. Die Erkenntnis, dass die Proteste zwar gehört wurden, für die Gefangenen aber keine realen Verbesserungen gebracht haben nimmt den Gefangenen die letzte Hoffnung. Diese Ausweglosigkeit erklärt die höchste Zahl von Suizidversuchen und Selbstverletzungen, die in einem Zeitraum von vier Wochen in einem Abschiebegefängnis je bekannt geworden ist. Allein in den letzten drei Tagen gab es sechs Erhängungsversuche und eine Schnittverletzung!

Die Gefangenen sind entschlossen, ihren Protest gegen die Haftbedingungen in Köpenick fortzusetzen. Es ist zu befürchten, dass Hungerstreiks, Suizidversuche und Selbstverletzungen nicht abreißen werden.
Der Protest der Gefangenen richtet sich gegen:

LANGE BEARBEITUNGSZEITEN
LANGE HAFTDAUER
UNGENÜGENDE MEDIZINISCHE VERSORGUNG
SCHLECHTE BEHANDLUNG DURCH DAS GEFÄNGNISPERSONAL

Zwei Beispiele
Ein junger Russe, der in seine Heimat zurückkehren wollte, war psychisch in einem sehr schlechten Zustand, kündigte einen Suizid an und kam daher in die Isolierzelle. Am 10. Februar hängte er sich an Stoffstreifen auf, kam auf die Intensivstation des Köpenicker Krankenhauses und musste fünf Tage lang künstlich beatmet werden. Er befindet sich mit einer Lungenentzündung zur Zeit immer noch in stationärer Behandlung.

Ein Russe aus Tschetschenien begann bereits am 2. Januar 2003 mit einem unbefristeten Hungerstreik. Er schnitt sich am 22. Januar in den Bauch. Nach 12-tägigem Aufenthalt im Haftkrankenhaus kam er zurück in das Abschiebegefängnis. Als der Gefangene Mitte Februar erneut ankündigt, sich umzubringen, wurde er in einer Einzelzelle isoliert. Hier schlug er solange seinen Kopf auf eine Tischplatte, bis die Haut platzte. Erst daraufhin wurde er schließlich entlassen.

Die Antirassistische Initiative und die Initiative gegen Abschiebehaft fordern:

FREILASSUNG ALLER GEFANGENEN IN DEN ABSCHIEBEGEFÄNGNISSEN!
AUFHEBUNG ALLER SONDERGESETZE FÜR MIGRANTINNEN UND FLÜCHTLINGE!
FÜR FREIZÜGIGKEIT UND SELBSTBESTIMMUNG ÜBERALL!
ABSCHIEBEHAFT ABSCHAFFEN! ABSCHIEBUNGEN BEENDEN!


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