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Im Supermarkt findet sich - beinahe unabhängig
von der Jahreszeit - vorgeblich frisches Obst und Gemüse. Die Herkunftsländer
dieser Waren variieren: Wer die Produktionskosten immer weiter senken
kann, hat die Nase vorn. Die sozialen Folgen dieses "Wettlaufs
nach unten" tragen in der industriellen Landwirtschaft Europas
in erster Linie die ArbeitsmigrantInnen, die während der Arbeitsspitzen
angestellt werden, um dafür zu sorgen, dass Europa das ganze Jahr
über mit Gurken, Tomaten, Paprika und Auberginen versorgt wird.
Dieses Produktionsmodell findet seine wohl stärkste und brutalste
Ausprägung an der südwestlichen Grenze Europas: In der südspanischen
Provinz Almería werden unter einem riesigen Meer aus Plastik
rund 3 Millionen Tonnen Treibhausgemüse für den europäischen
Markt produziert. Das entspricht zehn Kilo pro Jahr für jeden
und jede EuropäerIn.
Aktuelle Schätzungen gehen von mehr als 35.000 ha aus, die in
der Region von Gewächshäusern bedeckt sind. Es handelt sich
um die weltweit größte Konzentration von industriellem
Gemüsebau unter Plastik.
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In der Spitzenzeit, den Wintermonaten, in denen Almería mit
einer durchschnittlichen Außentemperatur von 16°C und selten
bedecktem Himmel kaum europäische Konkurrenz zu fürchten
hat, verlassen täglich rund 1.000 Lastwägen den Süden
Spaniens. Voll beladen mit Gemüse steuern sie auf Ihr Ziel zu:
Supermarktketten, mehr als 2.500 Kilometer entfernt.
Das "Plastikmeer" ist selbst vom Mond aus erkennbar - und
es breitet sich weiter aus. Mit riesigen Maschinen werden Terrassen
in die Berghänge gegraben, um noch mehr Treibhäuser aufzustellen.
Im Poniente, "wo die Sonne untergeht", zwischen der Alpujarra
und dem Mittelmeer, konzentrieren sich auf engstem Raum und auf spektakuläre
Weise die Merkmale einer Gesellschaft, die auf kurzfristige Rentabilität
ausgerichtet ist. Die Logik der industrialisierten Landwirtschaft
ist hier ins Extrem gesteigert: Völlige Abhängigkeit von
den Großverteilern, Zerstörung der Umwelt durch den massiven
Gebrauch von Agrochemie, Verbrauch enormer Mengen von Grundwasser,
Erosion der Böden und Luftverschmutzung durch lange Transportwege.
Vor allem aber die Nichteinhaltung der Menschenrechte jener ArbeiterInnen,
auf deren Rücken dieses "Wirtschaftswunder" erst möglich
wird. Der Rassismus gegenüber den migrantischen Arbeitskräften
wird hier zum festen Bestandteil des Systems.
(weiter im Text unter Bild 1235l)
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