Venezuela im Umbruch, 2005
Fotos von Anita Röder, Moritz Hanses-Ketteler und Delegación "Solidaridad y Paz"


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San Felipe - Aracal - Buenavista

  San Felipe ist eine Kleinstadt in los Llanos, der venezolanischen Tiefebene. Von dort aus ist es etwas eine halbe Autostunde bis zur Bauernkooperative in Aracal, die zum Regierungsbezirk Yaracui gehört.
Die Menschen, die dort leben, haben viele Jahre um ihr Land, welches sie jetzt offiziell bewohnen und bearbeiten dürfen, gekämpft: Von 1986-90 wurden ca. 80 von ihnen von Handlangern der Großgrundbesitzer und Kollaborateuren der konservativen Regierung getötet, und erst seit Anfang 2005 haben sie die offizielle Genehmigung die Felder zu bewirtschaften, was sie aber schon seit über zwei Jahren machen. Bis dato war der Gouverneur ein Konservativer und von Polizei und Militär (von denen sie heute beschützt werden) hatten sie jederzeit Übergriffe zu befürchten. Eine ältere Campesina bricht in Tränen aus, als sie uns erzählt, wie einer Freundin der Arm abgehackt wurde, einer anderen das Bein von einem Kampfhubschrauber abgeschossen worden ist. Der letzte von ihnen wurde von Banditos, bezahlten Auftragskillern (von den alten Großgrundbesitzern bezahlt), getötet als sie ihre Aufenthaltsgenehmigung bekamen.
Die Leute in Aracal wohnen in länglichen Speicherbauten, in die sie mit Lehmziegeln Wände eingezogen haben. In einer kleinen Küche werden über der Gasflamme Arepas gebraten. Doch zuerst wird uns, nachdem wir unsere Sachen verstaut haben, gezeigt, wovon sie ihre Existenz bestreiten: In einem zweiten Lagerhaus liegen noch ein paar Säcke Saatgut in der Ecke.
Die Kooperative baut Mais an. Ihr Ziel ist es irgendwann einmal Kaffee anzubauen, doch vorerst heißt Mais das Gebot der Stunde. Die Gewinne sind höher als bei Zucker, zudem kann man sich davon selbst ernähren. Morgens, Mittags und Abends gibt es Arepas und Cachapas- beides sind Maisfladen.
Die Menschen in Aracal haben bereits Kredite beantragt, aber die Gewährung dauert oft zu lange und die Antragsteller werden über längere Zeit von den Regierungsvertretern geprüft und nicht selten unnötig hingehalten. Und so lange sie das Geld nicht bekommen, werden sie weiter den zum Teil aus amerikanischen Biotech- Laboren stammenden Mais anbauen müssen, aus dem sie nach der Ernte keine neue Saat gewinnen können. Weil dieser zur Zeit das einzig erschwingliche Saatgut ist.
Unter einem großen Baum stehend lässt ein etwa 15 Jahre alter Junge litschiähnliche Früchte, rund mit grüner Schale auf uns herabfallen, die ein älterer Mann mit einem Plastiksack auffängt. Mamón lutschend fahren wir mit dem Traktor zu einem Stück Abenteuerland: Die Finca Buenavista. Eigentlich Staatseigentum wurde sie einst durch korrupte Machenschaften zum Privatbesitz erklärt. Nun wurde es von ca. 20 umliegenden Kooperativen (in denen je 15-20 Familien organisiert sind) als neues Wirtschaftsfeld auserkoren und rund um die Uhr in 8-Stundenschichten besetzt und bearbeitet. Sie bauen Paprika, Kohl und viele andere Gemüsesorten an, der Boden ist gut.
(weiter im Text unter Bild 1233a)