Venezuela im Umbruch, 2005
Fotos von Anita Röder, Moritz Hanses-Ketteler und Delegación "Solidaridad y Paz"


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1233a.jpg - Landcooperative "Buenavista"

  Ihr ganzer Stolz ist ihre Wasserversorgung, die wir gemeinsam ablaufen. Als erstes besichtigen wir den Damm. Wenn die Schleuse geschlossen ist (gerade ist sie offen) steht das Wasser bis ganz oben und überflutete das ganze natürliche Resevoir. Zwei Tage braucht es, bis es voll gelaufen ist. Dann kann auch mit Netzen gefischt werden und es gibt frischen Fisch. Aber die Konstruktion birgt auch ihre Gefahren - so sind schon einige Menschen im Strudel der Schleusenanlage umgekommen.
Nach dem Damm schlagen wir uns in's Unterholz und folgen den Rohren etwa ein Kilometer. Über Kiesflächen und durch den beginnenden Regenwald kommen wir schließlich an eine im Bachlauf liegende Betonabsperrung. Hier bleiben wir stehen. Dies ist der Beginn der Wasserversorgung. Dahinter befindet sich ein natürlicher kleiner Fluß, der hinter der nächsten Biegung in den Wäldern Venezuelas verschwindet. An dieser Stelle kehren wir um. Der Rückweg wird "abgekürzt". Erst begegnet uns eine Horde Rinder, dann ein Wassertümpel, der nicht besonders vertrauenserweckend aussieht. Als wir die Wiese hinter uns gelassen haben fahren wir, Liedgut austauschend und Zuckerrohr kauend, auf dem Hänger eines Traktors zurück zu den Unterkünften.
Diese bestehen, abgesehen von einem befestigten Haus, in dem der Unterricht stattfindet, aus über ein Holzgerüst befestigten Plastikfahnen - u.a. Saatgutsäcken. In einem solchen Verschlag lassen wir uns nieder, bekommen Nudeln mit Tomatensauce gereicht und haben ein bisschen schlechtes Gewissen: Essen wir den Leuten hier ihre Vorräte weg?
Nach dem Essen animiert der Gouverneur, der schon die ganze Zeit mit uns unterwegs war und sich selbst als Marxista-Leninista bezeichnet, eine ältere Campesina dazu, uns ein Ständchen zu singen. Es wird schnell eine Quarta geholt (das typische Instrument hier, viersaitig, kleiner als eine Gitarre und größer als eine Okulele) und dann wird gesungen. Die Frau bleibt nicht lange alleine und als es in dem Verschlag zu eng wird, ziehen wir um auf die Terrasse des Hauses. Dort dürfen wir nicht eher weg, bevor wir nicht getanzt haben. Im Gespräch erfahren wir, dass die Menschen mit der jetzigen Situation - trotz der permanenten Bedrohung durch die Latifundistas - ganz zufrieden sind. Die Nationalgarde patrouilliert regelmäßig um das besetzte Land und versorgt die Leute mit Wasser und dem nötigsten Material. Als wir, wieder auf dem Hänger, zurück nach Aracal fahren, kommt etwas Wehmut auf.
Anita Röder, Moritz Hanses-Ketteler

Ende