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La Paloma...

 

Der Langsame Walzer entspricht dem Phlegma des Hainaners ideal, allerdings nicht dem tropischen Klima dieser Insel. "La Paloma", die weiße Taube, ist auf der Insel ein Hit. "Ein Wind weht von Süd!...": Hans Albers auf der Insel Hainan! Seltsam: der Südchinese ist ein asiatischer Europäer. Hier, im Süden Chinas, habe ich nicht das Gefühl, in einer "anderen Welt" zu sein.
Man tanzt Tango, Paso doble, Slowfox und vor allem Wiener Walzer. Man tanzt mit erstaunlicher professioneller Routine. Chinesen üben ernsthaft die komplizierten Tango- und Paso doble-Schritte. Die Männer in grauen Anzügen, die Mädchen in weißen Blusen und schwarzen Röcken. Welch eigenartige Welt, denke ich, so fremd und doch beängstigend vertraut.

Man dreht sich auf schwarzweiß gekachelten Tanzböden in schwach beleuchteten Hinterhöfen und auf Fabrikdächern - an Orten, die nur dem Eingeweihten bekannt sind. Paso doble! Und der mit Bandarillas bestückte Stier schnaubt von der Leinwand: Videoclip. Kurzhaarig die Männer, schwarzhaarig die Frauen - alle bunt besprenkelt von der an der Decke sich drehenden gläsernen Kugel.
Verwundert reibt der zufällige Besucher aus einer anderen Welt sich die Augen, meint - Olè! - plötzlich in Spanien zu weilen. Oft geht der fremde Gast in Unkenntnis der Etablissements achtlos an steilen Treppen vorbei, die er für Feuerleitern hält. Brüchige Aufgänge, die in die Tanzparadiese der Rotlicht-Etablissements führen. Manchmal mag er unversehens in den Hinterhöfen auf die bunten Lichtgirlanden der Tanzflächen stoßen, wenn er auf der Suche nach einem kalten Bier durch finstere Hauseingänge stolpert.
Tanzmädchen an den Pforten warten auf zahlungskräftige Kunden. Adrett gekleidet, frisch frisiert, onduliert, manikürt: Wildwest im chinesischen Hafenbezirk.