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THEMA: Karawanetour 2002
ORT: Bremen/Hannover
ZEIT: 17.-21. August 2002
BILDMAPPE: Ablage im Bildarchiv / 3423 \
 

Karawanetour 2002

Ein Bericht über die ersten Tage von Henner Knorr!

Die 2. bundesweite Karawanetour der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen ist am 17. 8. mit einer Demonstration in Bremen gestartet. Anlässlich der im September stattfindenden Bundestagswahl, angelehnt an das Motto "Wir haben keine Wahl aber eine Stimme" fährt die Karawane durch 25 Städte. Auf Veranstaltungen, Demos etc. werden Themen wie "Freedom of Movement" -Bewegungsfreiheit-, die Konsequenzen des neuen Einwanderungsrechts sowie staatlicher und gesellschaftlicher Rassismus behandelt und die bundesdeutsche Öffentlichkeit damit konfrontiert. Diesjähriges Motto der Tour: "Asylrecht ist Menschenrecht, Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört. "



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Ein Bericht von Henner Knorr über die ersten Tage der Karawanetour

Samstag 17.8. Bremen: Eine begeisternde gewaltige Demonstration (siehe Photos) bewegte sich in drückender Hitze vom Hauptbahnhof durch die Innenstadt zum Kulturzentrum "Schlachthof". Da wir keinen CD-Abspielgerät organisiert hatten wurde offensichtlich, dass die Karawane noch auf der Suche nach angemessenen Slogan war, die zu rufen wären. Einige kamen ganz leicht, wie z.B. "Hoch die internationale Solidarität" und "Stop Schily's racist law". Andere waren erfrischend: Zum Beispiel der "Abschaffen" Slogan (Einer ruft:) "Residenzpflicht?" (alle antworten:) "Abschaffen!", (einer:) "Polizeigewalt?" (alle:)"Abschaffen" usw. In Schlachthof entspannten sich alle unter schattigen Bäumen, es gab etwas zu essen und danach ging es in das Dunkel der "Kesselhalle", um das Kulturprogramm mitzuerleben. Eine iranische, eine türkische und eine kulturell gemischte Gruppe sowie ein Solo-Künstler aus Hamburg präsentierten ihre Musik auf hohem Niveau. Auch Sprecher verschiedener Nationen führten in die Flüchtlingsproblematik ein. Z.B. Herr Gilani (Iran, SPI) konnte von einem Genossen erzählen, der,wie er ein politischer Gefangener im Iran gewesen ist, aber in Deutschland 12 Jahre nur in Flüchtlingsunterkünften verbracht hat. Diese Person ist jetzt wieder akut von Abschiebung bedroht. Besonders bewegend waren die Reden von zwei Flüchtlingen aus dem Lager in Bramsche. Dort steht den Behörden frei, Flüchtlingen die Sozialhilfe von 39 Euro pro Kopf und Monat aus nichtigen Gründen (z.B. Abwesenheit beim Essen) nicht auszuzahlen. Ein aktuelles Beispiel ist der Fall einer neunköpfigen Familie, bei der die Mutter schwanger ist, und an alle Mitglieder KEINE Sozialhilfe gezahlt wird. Ein Flüchtling sagte "Ich muss noch eins hinzufügen: Wir sind nicht Flüchtlinge, wir sind Gefangene! Wir sind Gefangene in diesem Lager!"

Sonntag 18.8. Bramsche: Als die Karawane ankam, fand jede Menge UnterstützerInnen aus der Region aber ein Lager vor, wo fast niemand zu sehen war. Drei Polizeiwagen. Das Lager ist eine ausgedehnte Flache, die eng mit zweigeschossigen Billigbauwerken bebaut wurde und umzäunt ist. Links vom Eingangsportal gibt es eine Lagereigene Polizeiwache, die gut mit Polizeihunden bestückt ist. Am Ende des Lagers rechts vom Eingang gibt es einen kleinen Spielplatz für Flüchtlings-Kinder, wenige Meter weiter einen neu errichteten Doppelzaun und weitere 15 Meter weiter einen ebenfalls umzäunten Spielplatz für die Kinder des Dorfes. Dieser Maschendrahtzaun enthält allerdings einen tiefen Schnitt, als ob sich die Kinder nicht einsperren lassen wollten. Die Taktik der Lagerleitung war, das Lager genau an dem Tag (18.08), an dem die Karawane kam für Besucher zu schließen. Offiziell stand es den Flüchtlingen frei, das Lager zu verlassen, als wir allerdings unsere Demonstration starteten, stellten sich zivile Lagerbedienstete in eine Reihe vor den Eingang, so dass die Flüchtlinge sie ähnlich eines Spießrutenlaufes hätten passieren müssen, um aus dem Lager zu kommen. Die Karawane konnte durch das Spielen von Live-Musik (Trompete und afrikanische Trommeln) Leute aus dem Lager erreichen, von denen einige wenige sich immerhin trauten, am Eingangstor mit den Karawane-Flüchtlingen zu reden. Einige Flüchtlinge, die das Lager schon verlassen hatten bevor die Demonstration kam, waren bereit, ein Interview zu geben, wollten aber ihr Gesicht nicht fotografieren lassen. Die Busse fuhren daraufhin in das Zentrum von Bramsche, wobei die Karawane-Leute eine kraftvolle Spontan-Demonstration durch die leere Innenstadt veranstalteten. Sie kamen zu einem Platz wo es etwas zu essen gab. Ärgerlicherweise versagte das Sound-System, so dass es unmöglich war, alle Reden zu halten. Danach trennten sich die Busse auf dem Weg nach Bremen, Oldenburg und Osnabrück. Die Kern-Gruppe setzte ihren Weg nach Oldenburg fort, wo am Abend eine Kultur-Veranstaltung stattfand.

Montag 20.8. Oldenburg: Morgens demonstrierte die Karawane in Westerstede. Zwar waren an der Demonstration nur etwa 50 Menschen beteiligt, sie war aber dennoch beeindruckend, weil die Kleinstadt Westerstede an Demonstrationen überhaupt nicht gewohnt ist. Dies konnte man an der Reaktion der Passanten erkennen. Die Demonstration fand vor der Ausländerbehörde statt, die die "Residenzpflichtverstöße" des Aktivisten Richard vor Gericht gebracht hat. Zuerst versuchten die Karawane-Leute , hineinzugehen, wurden aber durch Polizei daran gehindert. Der Leiter des Büros kam heraus, und nahm die vorbereitete Petition entgegen. Er war nicht fähig oder willig , diese zu kommentieren . Nachmittags ging die Karawane in das Stadtzentrum , wo eine Theategruppe die Strasse sperrte und die Papiere von Passanten kontrollierte, um Residenzpflicht-Verletzungen aufzudecken. Die Leute reagierten auf diese ‚grundlose' Kontrolle geschockt. Daraufhin besuchte die Karawane das Parlament. Es war der erste Tag nach Sommerpause. Einem Aktivisten wurde gestattet, zwei Fragen zu stellen. Zum ersten Mal in der Geschichte dieses Parlamentes, durften Fragen auf englisch gestellt werden. Eine Frage war zum Thema Residenzpflicht, die andere über das Gutschein-System. Danach erlaubte das Parlament zwei weitere Fragen. Eine betraf die Tatsache , dass es Geschäfte gibt, die auf die Gutscheine der Flüchtlinge kein Wechselgeld geben. So müssen die Flüchtlinge immer den ganzen Wert des Gutscheins einlösen, selbst wenn sie nur eine Kleinigkeit kaufen wollen, da das Geschäft kein Wechselgeld an Flüchtlinge gibt. Drei Mitglieder der Karawane gaben ein Interview im örtlichen Offenen Kanal - Fernsehsender.

Dienstag 21.8. Hannover Morgens gab es eine beeindruckende Demonstration vor dem Abschiebegefängnis in Hannover - Langenhagen. Das Abschiebegefängnis liegt am Ende der Startbahn des Flughafen. Die Gegend ist unbewohnt. Wohin man blickt sieht man nur große Felder. Die Demonstration bestand aus 70-100 Demonstranten verschiedener Kulturen und war schon deshalb außergewöhnlich kraftvoll. Sie wurde durch eine große Anzahl von Polizisten umzingelt, einige auf Pferden, einigen auf Fahrrädern, vielen in Bussen. Im Vorfeld der Demonstration sind die Gefangenen offensichtlich von der Gebäudeseite entfernt worden, die an den Platz der Demonstration grenzt. Dennoch war es möglich mit den Insassen akustisch Kontakt aufzunehmen. Die Leute in Gefängnis reagierten auf jeden der Aufrufe der Karawane, die in vielen Sprachen (türkisch, arabisch , russisch...) gerufen wurden. Es gab weniger Reaktion auf den russischen Aufruf, aber massenhaft Antwort auf die türkischen Ansagen.
Es war möglich ein Interview mit 3 Polizeibeamten über die Situation im Gefängnis zu führen.
Abends gab es eine Diskussion zu den Themen Rassismus und Sexismus, die in zwei Gruppen aufgeteilt wurde. Eine behandelte die Fragen:
1) Haben deutsche antirassistische Gruppen andere Meinungen/Ansichten über Flüchtlinge, als die deutschen Behörden
2) Nein heißt Nein! Die andere Gruppe sprach über
3) Was getan werden sollte und was nicht!
4) Wir sind hier weil Ihr unsere Länder zerstört Die Diskussionen verliefen glatt und engagiert, danach trafen sich beide Gruppen, um Ergebnisse auszutauschen.

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