Am Mo, den 21. Februar
2011 standen sich in Berlin`s Luxus Bezirk Dahlem ca. einhundert Protestierende
und eine Handvoll Botschaftsangehörige auf Sicht- Ruf- und Steinwurfweite
gegenüber. Es blieb dabei sich gegenseitig die Meinung mitzuteilen
und den Tod zu wünschen.
Während die anfangs ungläubig aufgenommenen Meldungen über
menschenverachtende Massentötungen von Demonstrierenden in Libyen
sich zu Wahrheiten verdichten, ringen Solidarisierende um die Aufmerksamkeit
der Medien und Bevölkerung in anderen Ländern. So forderten
die Demonstranten vor der Libyschen Botschaft in Berlin einen sofortigen
Stop des Blutbads und den Übergang zur Freiheit, Demokratie und
Einhaltung der Menschenrechte. Auf Transparenten wurde an das Massaker
im Juni 1996 erinnert, an dem 1200 politische Gefangene im Abu Salim
Gefängnis in Tripolis unter der Befehlsgewalt von Muammar al-Gaddafi
getötet wurden.
Nachdem das Regime über Jahre hinweg verrsuchte den Mantel des
Schweigens über dieses Ereignis zu decken, gründeten Hunderte
Familien in Libyen ein Komitee mit den Forderungen nach Aufklärung
und der Zur-Rechenschaft-Ziehung der Verantwortlichen. Der Versuch der
Regierung, sich der Aufklärung allein mit hohen Kompensationszahlungen
an die Angehörigen zu entziehen, misslang. Die ersten Proteste
in Benghazi, wo Gaddafi seit jeher einen schweren Stand hatte, entzündeten
sich an der Festnahme eines Menschenrechtlers, der mit den Familien
zusammenarbeitete. Offenbar waren viele Demonstranten der ersten Nacht
Angehörige dieser Familien. Nach dem fehlgeschlagenen Versuch durch
schnelle Senkung der Brotpreise landesweite Proteste zu verhindern,
stürzt sich das angeschlagene Regime nun in die Ausübung exessiver
militärischer Gewalt. Die Protestwelle hat mittlerweile die Hauptstadt
Tripolis erreicht, von Bürgerkriegsähnlichen Zuständen
wird berichtet. Laut al-Jazeera haben sich die libyschen Botschafter
in Grossbritannien und Indonesien auf die Seite der Demonstranten geschlagen
und ihr Amt niedergelegt. Der libysche Botschafter in den USA, Ali Aujali,
hat laut BBC seinen Posten aufgegeben. In Genf wurde die Vertretung
Libyens bei der Uno verwüstet.
Nachdem man sich gestern noch heftige Wortgefechte mit Demonstrierenden
vor der Berliner Botschaft geliefert hatte, meldet spiegelonline heute
"Berliner Botschaft kippt." Die Internetseite ist abgeschaltet.
- MvH -
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