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THEMA: Asyl
ORT: Gießen/Hamburg
ZEIT: 27. Februar 2007
BILDMAPPE: Ablage im Bildarchiv / 342 \

Kurdischer Künstler akut von Abschiebung bedroht!

Asylanerkennung für Engin Celik!

Am 7. Januar 2007 wurde Engin Celik während einer Zugfahrt auf dem Weg von Frankfurt nach Köln in der Nähe von Gießen von Polizisten festgenommen und in die JVA Gießen gebracht. Ihm wurde mitgeteilt, dass sein Asylverfahren negativ entschieden sei und man ihn abschieben werde. Am 15. Januar trat Engin Celik aus Protest gegen seine Freiheitsberaubung und gegen die Bestrebung der deutschen Behörden, ihn in die Türkei auszuliefern, in einen Hungerstreik. Draußen begann eine massive Solidaritätskampagne. Tausende Menschen darunter Musiker, Schauspieler, Rechtsanwälte und Parlamentarier forderten seine Freilassung und seine Asylanerkennung.
Nach 30 Tagen im Hungerstreik, begleitet von Kundgebungen und einer immer größeren Anzahl von UnterstützerInnen wurde Herr Celik am 13. Februar endlich aus der Haft entlassen. Während das Bundesamt in Lübeck über seinen Asylfolgeantrag positiv entscheiden wollte, hatte die Bundesamtzentrale in Nürnberg die Akten übernommen und entschied nach der Haftentlassung negativ. Die Ausländerbehörde in Schleswig drohte ihm danach unmittelbar wieder die Abschiebung an. (mehr Informationen: siehe unten)


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Fotos: Karawane Hamburg/Umbruch Bildarchiv
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kampagne und hintergrund

Engin Celik befindet sich in großer Gefahr. Wir rufen alle fortschrittlich eingestellten Organisationen und Menschen (auch die, die bereits für seine Freilassung aktiv waren) auf, alles zur Verhinderung der Abschiebung und für seine Asylanerkennung zu tun. Wir bitten Euch eindringlich, Euch mit der Forderung nach der Asylanerkennung für Engin Celik an die unten stehende Adressen zu wenden.

Engin Celik ist in Deutschland bekannt geworden durch seine scharfe Kritik an der brutalen Unterdrückungspolitik des türkischen Staates gegen die kurdische Bevölkerung. Als Mitglied der Theatergruppe "Bühne der Träume", der Musikgruppe "Daglara Ezgi" und als Dichter ist er auf vielen Kulturveranstaltungen aufgetreten und ist dabei mit verschiedenen Kulturpreisen ausgezeichnet worden. Zuletzt ist er beim "Internationalen Yilmaz Güney Festival" in Frankfurt im November 2006 mit dem Ersten Preis für seine Dichtkunst geehrt worden.

Neben seiner intensiven politischen Kulturarbeit widmet er seine gesamte verbleibende Zeit der Jugend- und Menschenrechtsarbeit. Er organisiert zusammen mit anderen Seminare und Diskussionsabende für Jugendliche, um eine fortschrittliche und gesellschaftliche Entwicklung zu fördern und unter den TeilnehmerInnen Werte wie Solidarität, Mut gegen Ungerechtigkeit aufzustehen, Respekt, Offenheit und Selbstbewusstsein zu fördern.

Das Mig-Zentrum (Verein der kulturellen medialen Kommunikationsstelle der Migration e.V.) und das "Internationale Zentrum B5" in Hamburg sind feste Basen seines kreativen Schaffens. Darüber hinaus gibt er viel Zeit für Veranstaltungen, Treffen und Musik- und Theaterauftritte in ganz Deutschland auf.

In der Menschenrechtsarbeit wirkt er vor allem aktiv im bundesweiten Netzwerk der "Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen". Er sieht es als seine Aufgabe, die chauvinistische und repressive türkische Staatspolitik öffentlich zu machen und sich mit dem Kampf anderer Flüchtlinge gegen politische Verfolgung, Unterdrückung der Meinungsfreiheit, für wirkliche Demokratie und Emanzipation zu solidarisieren. Mit der Hervorhebung des Karawane-Slogans "Asylrecht ist Menschenrecht und kein Privileg" schloss er sich der Kritik gegen die rigorose Abschiebepolitik in Deutschland an. Auch ihm selbst verweigern die deutschen Behörden den Schutz vor seiner Verfolgung in der Türkei.

Briefe mit der Forderung nach Asylanerkennung bitte an:

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht
Brockdorff-Rantzau-Straße 13
24837 Schleswig
Tel.: 04621 86-0
Fax: 04621 86-1277
Email: verwaltung@ovg.landsh.de

Innenministerium Schleswig-Holstein
Innenminister Ralf Stegner
Düsternbrooker Weg 92
24105 Kiel
Telefon: 0431/9 88-0
Fax:0431/9 88-30 03
E-Mail: internetredaktion@im.landsh.de

mehr Informationen: http://www.thecaravan.org
Kontakt: Karawane Hamburg: 040-43 18 90 37 oder mobil 0174-150 84 57


Hintergrund seiner Flucht nach Deutschland

Engin Celik hat früh in seiner Kindheit erfahren, was Unterdrückung und rassistische Verfolgung bedeuten. Das Licht der Welt erblickte er in der kurdischen Ortschaft Tunceli (Dersim). Seine Familie (kurdische Aleviten) waren gezwungen, durch die immer schärferen Angriffe des türkischen Militärs, Dersim zu verlassen.
Engin Celik war 14 Jahre alt, als er 1993 mit seiner Familie (wie zuvor und danach Zehntausende anderer KurdInnen) nach Istanbul floh.
Mit 17 Jahren wurde Engin Celik auf der Ersten-Mai-Demonstration im Zuge von Polizeiangriffen das erste Mal festgenommen. Als Kurde aus Dersim bekam er die doppelte Menge an Schlägen und Misshandlungen.

Als er sein Studium begann, engagierte er sich immer stärker in der demokratischen und revolutionären Bewegung und gründet seine erste Musikgruppe. An der Universität waren er und seine MitstreiterInnen immer wieder den Angriffen türkischer Faschisten (der Grauen Wölfe) ausgesetzt.
Unbeirrt, aber mit großer Vorsicht setzte er seine politische und kulturelle Arbeit fort. Nach dem großen Erdbeben im August 1999 engagierte er sich für die Unterstützung der obdachlos gewordenen Menschen. Bei Protesten gegen die mangelnde Hilfe durch den Staat wurde er im Jahr 2000 wieder einmal festgenommen. Die Polizisten versuchten ihn zu zwingen, mehrere Blankopapiere zu unterschreiben, was er verweigerte und dafür der Folter unterzogen wurde. Der Polizeiarzt verweigerte ihm danach, ein Attest über die Misshandlungen auszustellen, sondern erklärte sogar schriftlich, dass Engin Celik ohne Verletzungen und körperlich fit aus der Haft entlassen worden sei.

2002 gründete Engin Celik zusammen mit anderen KommilitonInnen eine studentische Zeitung, die das antidemokratische Hochschulgesetz "YÖK" kritisierte. Dies hatte erneute Verfolgung zur Folge. Gegen Engin Celik wurde als Mitbegründer und Redakteur ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Der Verein "SAGEK" (Klub für Soziale Aktivität und Entwicklung), den er mit anderen demokratischen und revolutionären studentischen AktivistInnen gegründet hatte, wurde verboten und als illegale Vereinigung bezeichnet.
Im August 2003 wurde das Ermittlungsverfahren gegen Engin Celik eingestellt, um dann zwei Monate später unter dem neuen "Terrorbekämpfungsgesetz" (TYK Paragraph 7-2) wieder aufgenommen zu werden.
Anwälte erklärten ihm, dass er sich in kritischer Situation befinde. Er versteckte sich bei FreundInnen und konnte im November 2003 nach Deutschland fliehen.

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Übersetzung zweier Songtexte von Engin Celik

Gedicht und Song für ein 12 jähriges kurdisches Kind, Ugur Kaymaz, der in Mardin am 20. November 2004 mit seinem Vater vor Augen seiner Mutter und Geschwistern vom türkischen Militär erschossen wurde.
Cocuk
Kind
Das Leben auf einer Seite,
In einer klaren Nacht,
sollen die Sterne leuchten,
12 Jahre alt und 13 Kugeln,
Kind, dein Name soll mich täuschen,
Jeder Frühling in deiner Hand,
Kawas Blumen,
Augen halb geschlossen,
Ist es deine Schuld, dass du ein Kind bist?
Dein Herz ist hinter den Barikaden
während du fällst, Kleider durchnässt,
deine Hand ist zur Faust geworden,
Halte dein Kopf hoch, Kind!
Engin Celik


Gedicht und Song für die 30 Guerillas, die ihre Füsse nach einer Auseinandersetzung mit dem Militär verloren haben. Und für Barbara Anna Kistler geschrieben.
Yel Dagi
Berg von Berg
Unsere Bestandteile sind Liebe und Kampf,
und wir sind diejenigen, die für diese Liebe kämpfen,
Oh du Berg von Stürmen und Schnee
von uns hast du die Füsse genommen,
aber uns kannst du nicht aufhalten,
wir sind noch nicht satt von deiner Sonne!
Wir haben es unserem Volk versprochen,
wir werden nie schweigen.
Lawinen fallen, Stürme gehen über uns,
Barabara ist die Sonne von Munzur!
Engin Celik

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Daglara Ezgi
Hamburg, 18. Januar 2007

Engin Celik, Mitglied unserer Musikband Daglara Ezgi

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit diesem Schreiben möchten wir Ihnen mitteilen, dass Herr Engin Celik ein Mitglied unserer Gruppe ist. Er spielt die Gitarre, singt und schreibt unsere Texte.

Unsere Band macht Protestmusik gegen die verbrecherische und militaristische Politik des türkischen Staates und auch gegen Menschenrechtsverletzungen weltweit. Wir nehmen keine Bezahlung für unsere Auftritte, weil wir nicht für Geld spielen, sondern um Unrecht, Unterdrückung, und staatliche Repression an die Öffentlichkeit zu tragen. Wir wollen unsere Musik und unsere Botschaften zu den Menschen bringen und spielen auf vielen politischen Veranstaltungen.

Herr Celik ist bekannt als oppositioneller Musiker und eine Rückkehr in die Türkei würde ihn die Repression, Haft, und Folter von Seite der türkischen Autoritäten aussetzten. In den letzten Monaten haben wir bei den folgenden Veranstaltungen gespielt:

8. März 2006, Frauentag Mig-Zentrum, Hamburg
Mai 2006, Gedenkveranstaltung an Ibrahim Kapakaya, ATIF, Hamburg
17. Juni 2006, Gedenkveranstaltung an die 17 Gefallenen, Hamburg
10.09.2006, Solidaritätsveranstaltung für Dersim, Hamburg
22.10.2006, Gedenkveranstaltung Yilmaz Güney, Hannover


Wie in den Medien berichtet wird und auch aus unseren Erfahrungen bekannt ist, sind Musiker, Schriftsteller, und Journalisten, die den türkischen Staat kritisieren, seit Jahren und noch heute massiver Repressionen ausgesetzt. Aus diesem Grund müssen die meisten oppositionelle Musiker flüchten und im Exil leben.

Wir fordern eine sofortige Freilassung von Herrn Celik, da wir fürchten, dass ihn in der Türkei unmenschliche Behandlung erwartet.

Orhan Erdogan
Daglara Ezgi


Die Kampagne braucht inzwischen auch dringend Geld.
Bisher haben wir, der enge UnterstützerInnen- und Freundeskreis, fast 3.000 Euro für Anwalt, Fahrtkosten für Kundgebungen und Gefängnisbesuche, Informationsmaterial, Telefonkosten, etc. aufgebracht.
Unsere Reserven sind zu Ende. Neue Anwaltskosten und Kosten für die Öffentlichkeitsarbeit rollen an.

Bitte helft uns auch mit finanzieller Unterstützung

Verein zur Förderung der Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen e.V.
Hamburger Sparkasse
Kontonummer: 1268 134 259
Bankleitzahl: 200 505 50
Stichwort: Engin



Weitere Informationen zum Thema:



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