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Ankunft in Südchina (Kanton)

 

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Als ich am späten Vormittag mit VIETNAM AIRLINES in der brodelnden Millionen-Metropole Kanton (Guangzhou) landete, wurde mir blitzartig klar: China ist ein erwachender Löwe. Das Riesenreich ist auf dem besten Weg, nicht nur die wirtschaftlich und politisch dominierende Großmacht in Südostasien zu werden, sondern auch eine der bestimmenden Großmächte im globalen Rahmen. Geduldig beginnt der Osten den Westen, die Dritte Welt die Erste Welt, der Orient den Okzident wirtschaftlich einzuholen, schwappt die Welle zurück, wie man überhaupt dieses Phänomen auch physikalisch deuten kann: eine Welle rollt und bricht, und erzeugt eine Gegenwelle, die zurückschlägt - in diesem Fall auf Europa und Amerika.
2
Ich war hart gelandet. Die Menschen schubsten mich derb auf sächsische Weise: "Machen Sie doch Platz!" oder schoben mich wie einen alten Esel zur Seite. Oder sie drängten mich ungeduldig vorwärts: "Nun gehen Sie schon!..." Jeder hatte es eilig, und ein feiner Nieselregen nebelte die graue Welt ein. Für mich Mitteleuropäer war die Kühle erträglich. Die Chinesen liefen fröstelnd in dicken Anoraks herum, in wattierten, grauen Westen, verschnupft, immer auf die Erde spuckend, grau und gesichtslos wie der Reale Sozialismus auf dem Land. Nun erlebte ich doch den grauen sozialistischen Alltag, vor dem ich mich in Vietnam immer gefürchtet, den ich jedoch selten erlebt hatte.

3
Der erste Eindruck von der Weltstadt Kanton als Ganzes ist da beeindruckender: Turbulentes, hektisches Großstadtleben - eine quirlige Weltmetropole mit neuen Stadtautobahnen auf hohen Stelzen über den engen, hoffnungslos verstopften Straßen. Längs der Kanäle - oft stehen die Stelzen im Wasser - kreuzen und queren sie die mächtige Stadt. Unten pulsiert wie eh und je das bunte Leben der chinesischen Großstadt, doch oben auf den Autobahnen jagt der Autoverkehr bereits in amerikanischen Dimensionen.
Neue Metropolen entstehen von heute auf morgen, werden aus dem Boden gestampft nach dem Schema der Musterstädte Hongkong und Singapur. Alte Stadtteile und Quartiere, Slums aus der Zeit der Armut von gestern werden rücksichtslos mit der Kugel eingerissen und mit Bulldozern niedergewalzt. Mag auf der einen Straßenseite noch das arme, doch farbige Leben im Kiez dominieren, so häufen sich auf der anderen Seite bereits die Trümmerberge, schießen dreißig Stockwerke hohe Wohnsilos gleichsam über Nacht aus dem Boden. Mit ihren glatten Plattenfassaden ähneln sie modernen Hotelneubauten, und der heimatlose Tourist, der ein Zimmer sucht, meint immer wieder vor einem modernen HILTON oder SHERATON zu stehen..