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Auf der Insel Hainan bist du nie allein, wenn deine
Reisekasse kein Loch hat. Ein Inserat im Lokalblatt erübrigt
sich. Im Beauty Saloon schneidet man nicht nur die Haare, sondern
massiert im Nebenraum. Zwei Dollar zahlt der Kunde dafür: ein
erträglicher Preis im sonst so teuren chinesischen Reiseland.
Beim Open Air-Tanz vis-à-vis oder in der Hotel-Disco warten
die freundlichen Tanzgirls, und in den Spielhallen umarmen die adrett
gekleideten Mädchen die glücklichen Gewinner. Nach dem obligatorischen
Dankfeuerwerk auf der Straße begibt man sich eilig ins Vergnügen.
In den Restaurants speist man nicht allein. Im Chambre separée
sitzen die Chinesen mit ihren Mädchen im Arm und dem Karaoke-Mikrofon
in der Hand; völlern und singen, bis ihnen die Augen zufallen.
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Auf dieser Insel - so scheint
es - hat man die Arbeit erst sehr spät entdeckt. Zuerst war das
Vergnügen, und so sollte es bleiben: Singen, tanzen, zocken, umarmen
- das ist der gar nicht so graue Alltag im Leben der Menschen unter
einem oft grauen Tropenhimmel. Der Regen rinnt, aber man lacht, schwätzt
und blödelt, oder man macht ein Nickerchen bis zum nächsten
Stelldichein.
Für den berühmten Dichter Su Shi (Su Dongpo) war die Insel
Hainan gewiß ein angenehmer Verbannungsort. Die Hainaner lieben
- so scheint es dem Besucher - nichts mehr als das ruhige Sich-treiben-lassen.
Man kann sich gar nicht vorstellen, daß die Hainaner jemals in
kriegerische Auseinandersetzungen verwickelt werden könnten. Und
wenn: den preußischen Stech- sprich Paradeschritt werden sie gewiß
nie üben wollen.
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