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Viertel vor neun (Qui Nhon)

  Wenn um Viertel vor neun - um neun schließt das Lokal und die müde Provinz geht schlafen - eine Gruppe von grau in grau gekleideten Bürgern lärmend das Restaurant betritt, heute sind es fünf Damen und fünf Herren, kann der Beobachter annehmen, daß es einflußreiche Personen sind, die zum Diner erscheinen. Vor allem, wenn der müde Wirt eilfertig zwei Tische zusammenrückt, während draußen über den Lautsprecher die täglichen Parteiparolen ertönen. Wenn der Wirt Gläser mit Eis auf die Tische und eine Kiste SAIGON BEER auf den nächsten Stuhl stellt, kann der Beobachter gewiß sein, daß das lokale Politbüro zum Tafeln erscheint.
Der Besucher aus der anderen Welt fühlt sich sicher: Visa und Extension sind in Ordnung, trägt er im Lederbeutel bei sich. Doch die Sicherheit trügt. Niemand ist gefeit gegen die Willkür einer mißgelaunten Obrigkeit, oder wenn sie gar betrunken ist. Aber alles ist Eintracht am Nebentisch: Friede, Freude, Eierkuchen. Zügig wird getrunken. Die Damen halten sich zurück. Die Herren trinken und toasten sich zu und warten geduldig auf die bestellte Pho ga, die alsbald dampfend auf den Tisch gestellt wird. Es ist serviert! Der Friede bleibt gewahrt. Doch der Besucher verläßt unauffällig das Lokal, obgleich kein Alptraum ihn bedrückt und keine schlechte Erfahrung ihn auf die Straße treibt.