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Tet (Hoi An)

  Der Trubel in Hoi An am letzten Tag des vietnamesischen Jahres mag auf dem ersten Blick dem hektischen Einkaufsrummel vor dem deutschen Weihnachtsfest gleichen. Aber es ist keine Hektik, kein Einkaufswahn wie in dunkler deutscher Vorweihnachtszeit, sondern eine freudige Aufgeregtheit, die das ganze Städtchen erfüllt und alle Menschen ergreift. Alle handeln mit Blumen, jeder kauft ein Gebinde. Die Stadt ertrinkt in einem einzigen farbenprächtigen Blumen- und Blütenmeer. Farben kann man nicht beschreiben. Man muß sie aufsaugen, in sich aufnehmen, bis sie die Seele erwärmen. Das zu erleben und dazu die Erinnerung an die herzliche Umarmung des alten Mönchs ist für mich das schönste vietnamesische Neujahrsgeschenk.
Menschen, die oft hungrig sind, sehen sich an den vielen Blumen satt, berauschen sich an der Farbenpracht, verschenken blühende Pfirsich- und Pflaumenzweige, eilen mit Blumen beladen heim, schmücken zum Tet - zum Neujahrsfest - Haus, Hof, Wohnung und Garten, freuen sich auf den vietnamesischen Jahreswechsel. Ein gründlicher Hausputz soll den Küchengott günstig stimmen, wenn er auf seinem Karpfen zum Himmel steigt, um dem Jadekaiser Bericht zu erstatten.
Noch spät am Nachmittag kommen Lastenträger mit Nachschub aus den Dörfern im wiegenden Trab durch die sumpfigen Reisfelder in die Stadt gehastet, vorsichtig die schwankenden Blumenkörbe am Tragegestell ausbalancierend.
Fischerboote, beladen mit großen Blumengebinden, Sträußen, Orangenbäumchen in irdenen Töpfen liegen am Abend zur Abfahrt in die Fischerdörfer bereit. Letzte blühende Bäumchen werden eilig verladen, an Bord verstaut. Die Boote legen ab, formieren sich auf dem Fluß zu einem langen, bunten Blumenkorso. Die Menschen lachen, sind aufgeregt. Fröhlich winkt man zu den Freunden am Kai hinüber. Die Menschen freuen sich wie unverbildete Kinder - vom Geldwahn noch nicht besessen.