Protest indischer Bauern gegen WTO / 1224o
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1224o

Distrikt Versammlung Rothak (Hariyana) im November 2004

BKU Presseerklärung (Oktober 2005)

  In Mumbai protestieren 1oo ooo BäuerInnen gegen die WTO- Politik der indischen Regierung und die Senkung der Subventionen für Agrarprodukte

Das "Indische Koordinationskomitee bäuerlicher Bewegungen (ICCFM), eine Koalition bäuerlicher Gewerkschaften aus ganz Indien, organisierte in Mumbai am 2. Oktober 2oo5 massive Proteste. Ihr Protest richtete sich gegen die Importe hochsubventionierter Agrarprodukte zu Dumpingpreisen und die Unternehmens- freundliche Politik der indischen Regierung, die die Interessen der BäuerInnen nicht berücksichtigt. ...

Seit Indien1995 der WTO beigetreten ist, ist das Volumen der Agrarimporte aus "entwickelten" Ländern, die unter ihrem Herstellungspreis abgesetzt werden, stark gestiegen. Dies hat zu einem scharfen Verfall der inländischen Agrarpreise geführt und die Agrarkrise im ländlichen Indien verstärkt. Bei den Agrarimporten handelt es sich u. a. um Öle, Hülsenfrüchte, Milchprodukte, Cashew- Nüssen, Früchte und Baumwolle.

Die Krise in der Landwirtschaft wird überall in Indien an den Selbstmorden von BäuerInnen sichtbar. Seit 1995 haben indienweit über 25 ooo BäuerInnen Selbstmord begangen. Die Ursachen dafür sind einerseits die Auswirkungen der kapitalintensiven, von den Agrarunternehmen gelenkten, exportorientierten und für die Interessen der BäuerInnen nicht empfänglichen indischen Innenpolitik und andererseits der Preisverfall inländischer Agrarprodukte, im Kontext des, auf dem Wegfall quantitativer Restriktionen basierenden, Importanstiegs.

Die Hauptlast dieser Entwicklung tragen die kleinen und marginalisierten BäuerInnen Indiens. Dies ist eine direkte Auswirkung des WTO Agrarabkommens (Agreement on Agriculture= AoA), dass gleichzeitig die Subventionen in den "entwickelten" Ländern schützt und ihnen zudem gestattet billige Waren in Ländern wie Indien abzuwerfen. Trotzdem werden die Interessen der indischen BäuerInnen, im Kontext der WTO Ministerkonferenz in Hong Kong, von der indischen Regierung nicht berücksichtigt.

Die Handelsdefizite im Agrarbereich haben einen dramatischen Einfluss auf die Preise der Agrarprodukte und auf das Einkommen und die Lebensgrundlage der indischen Klein- BäuerInnen. Seit dem Inkrafttreten der WTO Bestimmungen sind die Preise für Agrarprodukte international gesunken. Zwischen 1980 und 2ooo sind die Weltmarktpreise der 18 wichtigsten Produkte um einen Realwert von 25% gesunken. In dieser Periode war der Preisverfall besonders stark bei Baumwolle (47%), Kaffee (64%), Reis (61%), Kakao (71%) und Zucker (77%). Die Weltmarktpreise für Baumwolle sind beispielsweise von 128 Cent/ Bündel im Jahr 1981 auf 38,7 Cent/ Bündel 2oo2 gesunken. Die gleiche Tendenz zeigt sich bei Reis, dort sind im gleichen Zeitraum die Preise von 565 US$/ Tonne auf 160,8 US$/ Tonne gesunken und bei Zucker von 18,11 Cent / Pfund auf 5,68 Cent/Pfund.

Die Ursachen für den Preisverfall der Agrarprodukte liegen vor allem an den hohen Inlands- und Exportsubventionen in den "entwickelten" Ländern. So wurde beispielsweise, nach Angaben der OECD (den meist industrialisiertesten Ländern), in den OECD- Staaten die Summe der Subventionen von 275,6 Milliarden US$ (jährliche Durchschnittssumme zw. 1986-88) auf 326 Milliarden US$ 1999 erhöht. ...

Der Bericht zeigt in den Angaben zu 2oo3, dass die Agrarprodukte die aus den USA exportiert wurden unter ihrem Herstellungspreis verkauft wurden:
- Weizen wurde durchschnittlich 28% unter den Herstellungskosten exportiert.
- Baumwolle wurde durchschnittlich 47% unter den Herstellungskosten exportiert.
- Reis wurde um durchschnittlich 26 % unter den Herstellungskosten exportiert.

Solange es diese Subventionen gibt, werden weiterhin Agrarprodukte aus dem Norden zu Dumpingpreisen in "Entwicklungsländern" abgelagert werden. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die Lebensgrundlage und die Nahrungssicherheit in Ländern wie Indien.

Statt der Auseinandersetzung mit diesen Störfaktoren in der Handelspolitik wird von den Länder des Nordens jedoch weiterhin Druck auf die Länder des Südens ausgeübt und eine weitere Senkung der Agrarzölle eingefordert, um den großen Agrarunternehmen einen freien Zugang zu den Märkten zu ermöglichen. Die Zölle sind in den Ländern des Südens jedoch bereits sehr niedrig und es gibt kaum Kapazitäten sie weiter zu senken ohne die ländliche Ökonomie schwerwiegend zu stören. Zölle sind die einzigen Instrumente der Länder aus dem Süden um ihre BäuerInnen zu schützen.

1990-91 betrug die Rate der Importzölle in Indien noch durchschnittlich 113 %. 1997-98 wurde die Rate drastisch auf 35% reduziert, nach einem kurzen Anstieg der Rate auf 41% 2001-02, reduzierte sie sich 2oo4-o5 erneut auf durchschnittlich 37,5%. Somit ist die Rate der Importzölle 2oo4-05 nahezu 65% niedriger als sie noch 1990-91 war. ...

Aufgrund des Wegfalls quantitativer Restriktionen und einer Senkung der Zölle hat in Indien der Import hochsubventionierter Argrarprodukte stark zugenommen. Der Import von Hülsenfrüchten ist 1995/96 von 490,75 Tausend Tonnen auf 1992,8 Tausend Tonnen 2oo2/o3 gestiegen. Ähnlich der Import von Gewürzen: Von ursprünglich 24,8 Tausend Tonnen 1995/96 sind die Importe auf 147,69 Tausend Tonnen 2oo3/o4 gestiegen und der Import von Zucker ist von 29 Tausend Tonnen 1996/97 auf 932,3 Tausend Tonnen 2oo4/5 gestiegen. ...

Diese Agrarimporte führen zu einem Preisdumping inländischer Agrarprodukte. Dies verursacht eine Agrarkrise und diese treibt BäuerInnen, die nicht einmal mehr ihre eigenen Investitionen erwirtschaften können, in den Selbstmord.

Die indischen BäuerInnen fordern deshalb eine sofortige Wiedereinführung quantitativer Restriktionen. Diese und eine Erhöhung der Zölle sind unumgänglich, um das Überleben der indischen BäuerInnen zu sichern. Wir haben ein Recht auf quantitative Restriktionen, darauf, uns vor den billigen Agrarprodukten zu schützen, die zu Genozit führen. Die durch die WTO- Bestimmungen verursachte Verzerrung in der Lebensmittelversorgung und dem Agrarsektor müssen umgehend beseitigt werden.

Wir glauben, dass die Struktur der WTO Bestimmungen zu einer Verzerrung des Handels führt, auf Kosten der KleinbäuerInnen, der Nahrungsmittelsouveränität und eines gerechten Handels. Deshalb fordern wir, dass die Landwirtschaft aus der WTO ausgelagert wird.
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In Indien ist die Landwirtschaft keine Industrie. 70 % der indischen Bevölkerung liefert sie einen Großteil der Lebensgrundlage. Deshalb fordern wir die indische Regierung dazu auf, aus der WTO auszusteigen. Die Landwirtschaft sollte kein Bestandteil der Verhandlungen im Rahmen der WTO sein.

Yudhvir Sing (ICCFM)

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