Südindien, Farbimpressionen, 1993, Teil 1 / 1199q
Fotos und Texte von Otto Göpfert

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Doktor Sebastian

 

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Doktor Sebastian fühlt meinen Puls, mißt den Blutdruck, horcht die Lunge ab, fühlt und drückt mit den Fingern meinen Unterleib. "Haben Sie Schmerzen?" Ordnet eine Stuhl-Untersuchung an, heißt mich draußen auf dem Korridor warten.
Auf dem langen Gang vor dem Ordinationszimmer hocken auf harten Bänken Männer und Frauen mit schreienden Kleinkindern auf dem Schoß, sitzen an die sechzig leidende Seelen. Die Frauen eingehüllt in leuchtende Saris, deren frohe Farbigkeit ihrem Seelenleid und ihren Schmerzen Hohn spricht.
Ich war privilegiert, wurde - kaum in der Klinik erschienen - sofort in des Doktors Behandlungsraum gerufen. Ich hatte warten wollen als Gleicher unter Gleichen, aber nun geschah es so, und ich hatte auf meinen Reisen in Asien gelernt, die Dinge zu nehmen, wie sie kommen und keinen langen Film aus ihnen zu machen.


Später stand ich mit dem Rezept in der einen und der Rechnung in der anderen Hand vor der Kasse, und auch das Warten in der langen Schlange nahm man mir ab, indem ein junger freundlicher Mann für mich anstand. Ich zahlte für die Medikamente TRINIZADOL von Pfizer und IMODIUM und für die Behandlung dreißig Rupien, das waren 1,60 Deutsche Mark. Allein für Pfizers TRINIZADOL hatte ich in Berlin einmal sechzehn Mark bezahlt - ein Beweis dafür, welch einen Riesenbatzen Gewinn die Pharma-Multis in Europa mit wenigen Milligramm Chemie machen.
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