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Sheejas Welt und die ihrer Eltern war eine kleine, beängstigend
kleine Welt. Aber es war eine in sich geschlossene, abgerundete Welt,
die - wenn man es so sehen wollte - einer uneinnehmbaren Festung glich
mit den starken, unüberwindbaren Mauern eines unerschütterlichen
Glaubens und festen Lebensgewohnheiten. Mauern, die abschirmten gegen
Dieselgestank und Motorenlärm, gegen Alltagshektik und Streß,
gegen Geldgier und Neid und falsche Worte, gegen den Teufel "Fernsehen",
gegen elektronische Verkabelung. Aber sie hielten auch fern das elektrische
Licht und die heiße Dusche, Wohlergehen, Alterssicherheit und
erste medizinische Hilfe im Krankheitsfall. Die Familie saß
ein Leben lang nach Sonnenuntergang im Schein der schwachen, blakenden
Petroleumfunzel, die der meiner Großeltern glich. "Weil
wir kein elektrisches Licht haben, kann ich nie am Abend für
die Highschool lernen!" klagte Sheeja.
"Was kostet der Stromanschluß?"
"Dreitausend Rupien", und sie hatte auf die Stromleitung
gewiesen, die einige hundert Meter entfernt am Haus vorbei führte.
Das waren einhundertsechzig Deutsche Mark.
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