Südindien, Farbimpressionen, 1993, Teil 1 / 1200a
Fotos und Texte von Otto Göpfert

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Am Abend stellte ich den Fernseher nicht an. Ich trank meinen OLD MONK mit sehr gemischten Gefühlen und fragte mich, was meine alten Lehrer über mich denken würden, hätten sie mich am Morgen in meiner kläglichen Rolle gesehen. Ich nahm Fontanes Roman "Der Stechlin" zur Hand und war beruhigt. In diesem Roman wird nicht einmal scharf geschossen. Die Handlung spielt in der Zeit zwischen den Kriegen, jene des Reflektierens, des Stammtisch-Räsonierens, der Erinnerung an alte preußische Blut-und-Boden-Parolen, alter brandenburgischer Traditionen - bis zum Ersten Weltkrieg, als die Waffen wieder sprachen. Da weilte Fontane nicht mehr unter den Lebenden. Wer seinen Roman genau liest, weiß, daß Fontane den Krieg heraufziehen sah. Man kann das gar nicht überlesen. Aber Lesen und Erleben sind eben zweierlei.


Ich entschied mich, es beim Lesen und bei meinem Wolken-Kuckucksheim zu belassen und um Fernseher und Action-Thriller künftig einen großen Bogen zu schlagen. In der Vergangenheit war ich damit gut gefahren, und so soll es künftig bleiben. Bereits in der nächsten Stadt im nächsten Hotel gelang es mir, ein Zimmer im neunten statt im siebten Stock zu mieten, fürwahr ein beruhigend schneller Aufstieg in noch höhere Sphären meiner wunderlichen Einsamkeit.
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