1.
Mai 2010 in Berlin
Gerade mal 600m schafften
die schätzungsweise 600 Neonazis von ihrer am 1. Mai 2010 in Berlin
geplanten Demoroute, viereinhalb Meter pro Anhänger die 350 Teilnehmer
einer Überraschungsaktion am S-Bahnhof Halensee. Die offizielle Demo
musste sich vor den massiv blockierenden Gegnern zum Ausgangspunkt zurückziehen,
die Spontan-Demo wurde von der Polizei aufgehalten und 289 Teilnehmer
in Bussen abtransportiert.
Die Zeichnen standen von Anfang an nicht gut für eine erfolgreiche
Demo durch Berlins Mitte, einer Hochburg rot rot grüner Stammwählerschaft.
Ein Bündnis aus zivilgesellschaftlichen Initiativen und Vereinen,
Gewerkschaften, Parteien, antifaschistischen Gruppen sowie Jugend- und
Studierendenverbänden hatte seit Wochen zur Blockade des Naziaufmarschs
aufgerufen. Bundesweit parallel angemeldete Aufläufe der Rechten
ließ eine geringe Teilnehmerzahl vermuten. Die Veranstalter gaben
keine Auskunft über den geplanten Verlauf der Route, so dass nicht
organisierte Zuläufer Schwierigkeiten mit der Planung des Einstiegspunkts
zur Demo bekamen. Eine weiträumige Absperrung durch die Polizei erschwerte
ebenfalls den Zulauf, konnte aber das Einsickern von blockierenden Nazigegnern
nicht gänzlich verhindern. Über die Tags zuvor bereitgestellten
Absperrgitter bestätigte sich dann der bereits vermutete Verlauf
der Demoroute durch Berlins Mitte. Um eine eventuelle Richtungsänderung
des Umzugs entgegenzuwirken blockierten am Treffpunkt der Rechten, an
der Böse Brücke, über tausend Nazigegner den Zugang zum
Bezirk Wedding. Die Böse Brücke, 1948 benannt nach dem NS-Widerstandskämpfer
Wilhelm Böse, trennte zu Zeiten der Berlinteilung Ost und West. Auch
als Bornholmer Brücke bekannt rückte sie als eine der ersten
Zugänge, die kurz vor dem Mauerfall geöffnet wurden, in das
Blitzlichtgewitter der Weltpresse. Mittels Passierschein konnte damals
der Grenzpunkt vom Wedding aus überschritten werden. Auf den darunter
liegenden Bahngleisen durchfuhr die S-Bahn den Bahnhof Bornholmer Straße,
dessen Ausstieg auf der Mitte der Brücke platziert ist. Heute war
der Bahnhof der einzigste gesicherte Zugang zur Nazidemo. Links in Richtung
Wedding wurden die Nazis empfangen von lauter Musik, Sprechchören
und über Lautsprecher gut informierten Blockierern. In Laufrichtung
Ost wurden sie unter Druck gesetzt von Nazigegnern, die mehrfach versuchten,
die Polizeiabsperrungen zu durchbrechen. Schon auf der Anreise kam es
zu zeitlichen Verzögerungen. Nazi-Gegner hatten am S-Bahnhof Priesterweg
(Schöneberg) brennende Reifen auf die Stromschienen gelegt. Der Zugverkehr
lief daraufhin nur eingleisig. Ca. 350 Rechte verließen am S-Bahnhof
Halensee die Bahn und inszenierten auf dem Kudamm eine unangemeldete Demo.
Als es zu tätlichen Angriffen gegen Passanten kam, schritt die anfangs
untätig wirkende Polizei ein. 289 Nazis wurden abtransportiert und
bis zum späten Abend in der Gefangenensammelstelle festgehalten.
Nach Recherche des Tagesspiegel war diese Aktion von langer Hand geplant.
"In einer Mail, die schon Tage zuvor vom Veranstalter an die anreisenden
Nazigruppen verschickt wurde", kündigte man die spontane Demo
als "Plan B" an. Die 600 Teilnehmer von "Plan A" begannen
mit dreistündiger Verspätung im Stop and go - Tempo ihren Umzug
von der Böse Brücke. Stunden vorher hatten Einsatzkräfte
mit der Räumung einer Sitzblockade die ersten Meter für die
Nazis freigetragen. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD)
und andere Politiker stoppten mit einer nächsten Sitzblockade den
Neonazi-Aufzug. Mit deutlich mehr Feingefühl wurde auch diese "Promiblockade"
geräumt. In kurzer Entfernung hatte sich eine nächste Blockade
mit 2000 beeindruckend lautstarken Teilnehmern formiert. Durch undichte
Stellen in der weiträumigen Absperrung, mehrere tausend waren entlang
der Gitter unterwegs, gelangten immer mehr Nazigegner in die Nähe
der Demonstration. Die war nach kurzer Zeit umringt von Gegendemonstranten.
Der DGB stellte Busse von ihrer Demo bereit, um die Blockaden zu unterstützen.
Nach 600 Meter Strecke dann das aus und zurück zum Ausgangspunkt.
Dort verabschiedeten 1000 Antifaschisten die Nazis und wünschten
sie zur Hölle.... - cf
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Am Abend gegen 18 Uhr
startete die revolutionäre 1. Mai-Demostration mit rund 15.000
Teilnehmern an der Kottbusser Brücke in Kreuzberg. Die Demo führte
in diesem Jahr durch Neukölln und nicht durch das Myfest. Sie endete
ohne größere Zwischenfälle am Lausitzer Platz. Siehe Bildgalerie
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Fotos:
cf/Umbruch Bildarchiv
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21 Fotos : fotogalerie
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